Wir haben beim ersten Test mehrere Versuche unternommen, mit der Firma iPlagiarismCheck in Kontakt zu treten. Sie haben keine E-Mail-Adresse, und die angegebene Telefonnummer hat nur einen Anrufbeantworter dran. Wir haben zweimal das Kontaktformular ausgefüllt, ohne Rückmeldung. Dann entdeckten wir eine Möglichkeit, die Support-Hotline zu kontaktieren wenn sie gerade offline ist (was sie anscheinend immer ist, wir haben zu verschiedenen Tageszeiten nachgeschaut, immer ist sie „offline“ geschaltet.) Endlich meldete sich eine „Susan Keisler“ von einer in Pakistan registrierten IP-Adresse und bot an, dass sie die Tests für uns durchführen würde. Wir haben die 20 Dokumente in ein ZIP-Folder hingeschickt, knapp 7 Stunden später hat Frau Keisler uns eine E-Mail geschickt mit einem Link zu einer Seite, die nicht Passwort geschützt war, mit den Ergebnissen. Schon beim ersten Ergebnis waren wir verblufft – es war exakt das turnitin Ergebnis. Das Layout ist sehr ähnlich (etwas weniger komplex) und die gefundenen Ergebnisse sind exakt dieselben mit denselben Prozentsätzen und denselben Daten, an denen die Ergebnisse im Internet nachgewiesen wurden, bis auf dass aus 07/08/2007 dann 08/07/2007 wird, also Monat und Tag vertauscht wurden. Leider kann man bei iPlagiarismCheck Resultate nicht ausschliessen, wie man es bei turnitin machen kann, daher haben sie für die Hälfte der Fälle keine Punkte bekommen.
Zusätzlich bekamen wir den Hinweis, dass es Passagen in Aufsätzen von anderen Hochschulen gibt. Das passiert nur, wenn turnitin erlaubt wird Kopien der Aufsätze zu speichern. Wir haben Frau Keisler geschrieben und gefragt, wieso das sein kann. Ihre Antwort (die aber, wenn man full headers einschaltet, doch von Yasir Jafris E-Mail-Adresse versendet wurde:
I don’t know which service you refer to, but there is a possibility that our results are similar to some other services’s, simply because the documents you sent were simple one-page texts, with marginal plagiarism attempts. If the attempts were more complex maybe the results would have been different.
Das stimmt in so fern nicht, als dass alle anderen Produkte komplett andere Ergebnisse hatten. Wäre turnitin das Top-System, wäre es nicht so kurios gewesen – das wäre halt was man erwarten würde. Aber da turnitin so weit hinten lag, war es schon seltsam. Wenn zwei Studenten in einer Klausur beide 100% haben, kann das halt sein. Aber wenn beide genau dieselben Fragen gleich beantworten und beide mit 47% abschneiden, will man eigentlich überlegen, ob sie nicht vielleicht etwas enger kollaborieren.
Eine Online-Recherche stellte schnell fest, dass iPlagiarismCheck.com auf Yasir Jafri in Pakistan registriert ist, der Server-Betreuuer in Kanada ist und eine US amerikanische Toll-Free-Nummer hat, und der administrative Kontakt eine Angela Nevarez ist. Eine weitere Recherche findet einen Beitrag von einer Angela Nevarez in einem Blog-Kommentar, der beschreibt, dass sie iPlagairismCheck ganz toll findet. Unter einem Pseudonym („Jens“) verlinken wir die whois Informationen. Daraufhin wird vom Blogbetreiber ein Vermerk in den Kommentar aufgenommen, dass dieser Beitrag evtl. von einer Mitarbeiterin getätigt worden ist.
Wir haben mit einem anderen Plagiatsforscher Rücksprache genommen, er meinte auch, dass er bisher ein komisches Gefühl bei der Firma hatte. Er hatte ein längeres Dokument (45 Seiten), das er bereits durch iPlagiarismCheck geschickt hat. Er schickte uns den Text und ein Link auf die Ergebnisse:
Wir benennen die Datei um und fragen turnitin, was man von dieser Datei zu halten hat. Immerhin gibt es keinen Hinweis auf die bei iPlagiarismCheck eingereichte Fassung, also ist diese bei turnitin nicht gespeichert worden. Das Ergebnis ist aber frappierend ähnlich: Quellen, Prozentangaben, Datum (mit Monat und Tag vertauscht, obwohl wo der Tag größer als 12 ist – 5. Eintrag – ist interessanterweise bei turnitin 00/00/00 als Datum angegeben!), an den aus dem Internet die Quelle genommen wurde – nur der iPlagiarismCheck-Bericht hat auch ein Hinweis auf ein student paper, der natürlich bei uns fehlt, weil wir es explizit nicht haben speichern wollen:
Wir haben iPlagiarismCheck noch mal geschrieben und gefragt, wie das eigentlich sein kann. Die Antwort:
As explained before, we do not keep papers in our or any other database AFTER checking them for plagiarism. As such, we have not cached any papers you provided. Furthermore, we are not required to provide any explanations what so ever, and offered our service free of cost purely as a courtesy. I think you should question „A“ regarding this.
Wir haben turnitin „A“ in Korrespondenz genannt. Also haben wir uns an turnitin gewendet, um zu versuchen, dafür eine Erklärung zu bekommen.
Es hat gut eine Woche gedauert, bis wir dort mit einem Manager der Niederlassung in England an der Northumbria University sprechen konnten. Er findet es höchst seltsam, dass die Ergebnisse identische sind. Sie haben einmal einen Fall gehabt, wo jemand mit einer turnitin-Lizenz Ergebnisse weiterverkauft hat. Das wurde aber abgestellt. Er wusste nicht, ob turnitin seine Technologie lizensieren würde, wäre aber sehr verwundert, wenn dieses der Fall ist.
Ist es doch ein Zufall? Wie dem auch sei – eine sinnvolle Erklärung für die Übereinstimmung haben wir bis jetzt nicht erhalten.
Nachtrag 27.9.2007
iParadigms (Hersteller von turnitin) hat soeben folgender Stellungnahme geschickt:
www.iPlagiarismCheck.com
iParadigms Statement:
“In making a check of suspicious Turnitin activity, it was uncovered that two individuals by the names of Angela Nevarez and Susan Keisler have been using the Turnitin system in an unauthorized manner. These individuals seem to have found a Turnitin account id and join password that had been published on a university website for use by instructors at the university most likely through the use of a search engine. The individuals used this information to create classes and assignments to which they submitted papers in order to generate Originality Reports. The individuals deleted their submissions shortly after each Originality Report was generated. Deletion of a paper from an assignment does not remove the paper from Turnitin’s student paper database and does leave a method of tracking the submission. The account administrator at the university has been contacted and has confirmed that the individuals in question were not authorized users of the account. The individuals’ false user accounts have been blocked from the Turnitin system and the institution’s account information has been changed to prevent further misuse.”